AGJA – Kompromisslose Produktionen mit Liebe zum Detail

Der in Berlin lebende und wirkende Produzent und Live Act AGJA ist schon in frühen Jahren mit elektronischer Musik in Berührung gekommen. Roland MC-303 und Atari 1040ST waren für ihn wegweisende Zeitgenossen seiner Jugend. Und während producing Gear die Matchbox Cars auf seinem Schreibtisch ersetzten, entwickelte sich seine Leidenschaft für Klangerzeuger aus denen Beat, Melodien und Groove entstehen.

Mittlerweile als ausgebildeter Toningenieur unterwegs befasst sich AGJA gefühlte 24 Stunden am Tag mit Musik. Seine Produktionen stehen für komplexe Bauwerke aus Flächen, Drums, Melodiestücken, Field Recording, Samples und Effekten. Klanglich ambitionierter Perfektionismus und die Liebe zum Detail gehen auch bei seinem aktuellen Live Set aus ausschließlich eigenen Produktionen Hand in Hand, welches als Mix auf Spotify und Soundcloud über sein Stammlabel Twin Town erscheint. Wir haben mit AGJA über Corona, inspirierende Orte in Berlin und Sounderlebnisse gesprochen.

Wie bist Du in den letzten Monaten als Künstler durch die Krise gekommen? Inwiefern hat es Dich im Kreativprozess und Deinem Schaffen beeinflusst?

Ich habe die Zeit für mich zur Entschleunigung nutzen können. Abschalten von der Hektik. Die stressige Stadt ohne den Stress erleben. Anfangs hat mich dieses Gefühl sogar sehr gebremst. Alles steht mit einem Schlag auf null und wir rasen in eine ziemlich ungewisse Zeit.

Es hat eine Weile gedauert, meine Empfindungen so ordnen zu können um sie kreativ zu verarbeiten. Ich habe mich Tagelang in Klangexperimenten verloren bis dann eine gerade Linie daraus wurde. Letztendlich denke ich, dass die Pandemie mich selbst etwas ruhiger, gelassener und bedachter gemacht hat – auch im Kreativprozess. 

In 7 Akte hast Du Deinen aktuellen Mix bzw. Live Set, welches auf Twin Town erscheint, aufgeteilt. Mit welchem Anspruch und Ideen bist Du an die Produktion und Mixing gegangen?

Ich wollte eine Geschichte erzählen. Ein Set aus einem Guss und an einem Stück. Die Idee hinter der Geschichte ist ein Regentropfen über der Stadt. Die Vorstellung, dass dieser Tropfen vom Wind getragen wird und immer weitere Eindrücke der kleinen Hinterhöfe der Stadt bekommt. Hier ein offenes Fenster, dort Blumen auf dem Balkon.

Hinter einem geschlossenen Fenster ein hitziger Streit. Und das immer im Takt des Regens. Die Stadt hat einen ganz eigenen Charme im Regen, der auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so schön scheint. Aber bei genauer Betrachtung doch irgendwie mit seiner Schönheit verzaubert. Dieses Gefühl hat mich während der gesamten Produktion begleitet.

Du hast sehr viele unterschiedliche Sound-Elemente, Effekte und Flächen laufen. Man kann auch nach mehrmaligem Hören viel entdecken – wann stößt eine Produktion aus Deiner Sicht an seine Grenzen und wann fehlt noch etwas Essentielles?

Danke! Hm, das ist eine schwierige Frage. Eine Grenze, glaube ich, gibt es nicht. Ein Song kann aus purem Minimalismus bestehen und trotzdem perfekt sein. Ebenso kann eine Produktion gerne mal ausarten und unübersichtlich voll werden. Solange es in diesem Moment ausdrückt, was der Künstler ausdrücken möchte, kann es keine Grenzen geben. Und wenn der Song mich einfängt, dann ist er genau richtig. Ob es nun ein minimalistischer Dronensound ist oder ein Song aus tausend’ einzelnen Elementen.

-Technisch ist das natürlich etwas anders. Ausgewogene Frequenzräume, eine gesunde Mischung aus sauberem Sound mit wohlfühlender Färbung, ein Hauch Klischee… 

Ausschließlich eigene Tracks kamen zum Einsatz – welches Gear hast Du dafür genutzt und was verschafft Dir einen guten Workflow?

Das Set ist produziert in Ableton Live. Outboard habe ich als Klangerzeuger einen Virus C, eine Tr8, eine S1 und einen MB33 benutzt. Zusätzlich habe ich von einem Freund einen SH1 leihen können und konnte diesen auch mit einbringen. 

Im Mixing kamen unter anderem eine Nagra Bandmaschine und Aural Exciter C2 zum Einsatz. Ich mag meinen Workflow unkompliziert. Das ist immer etwas kniffelig in Verbindung mit Outboard aber das ist meine Leidenschaft. Es so zu integrieren, dass ich das Gerät ohne großes Nachdenken benutzen kann.

Du lebst im pulsierenden Berlin – Dein Stammlabel sitzt in Saarbrücken. Was verbindet Dich mit Twin Town Production über all die Jahre Deines kreativen Outputs?

TwinTownProduction ist etwas ganz Besonderes. Die Leute dahinter sind wundervoll und schaffen es dieses Gefühl auch weiter zu geben. Es gibt oft den Druck einen bestimmten Sound zu fahren- hier aber nicht. Die Vielfalt macht es irgendwie aus, die aber dennoch eine klare Linie fährt. Guter Sound, gute Musik – ungezwungen und authentisch. 

Welchen Einfluss hat Berlin als Stadt und die Szene auf Dich als Produzent und Musiker?

Die Schnelllebigkeit der Stadt und die ständige Veränderung sind für mich das spannende, aber auch das forderndste. Ich mag es zu beobachten und das bietet mir diese Stadt einfach. Durch die Berliner Szene ist es natürlich sehr einfach, sich auszuleben und neue Eindrücke zu sammeln. Macht es aber auch in gewisser Hinsicht schwierig, sich selbst zu finden. Dieses Spiel zwischen Erfahrung und Findung macht es für mich aus.

Gibt es in Berlin bestimmte Clubs in denen Du Dich vor der Pandemie besonders gern aufgehalten hast? Oder Orte an der Spree an denen Du Inspiration bekommst?

Ich wohne zu meinem Glück fast direkt an der Spree und habe hier meine kleinen Orte gefunden. Sonntagmorgen lohnt sich der Gang mit einem Kaffee zur Schillingbrücke runter an’s Paula-Thiede-Ufer. Etwas Ruhe bei den Fischern tanken und dem treiben auf der Spree zuschauen – mit dem Tanz des Kater Blau im Augenwinkel. Cheers!

Was planst Du für die nächste Zeit? Wie sieht Deine Roadmap aus?

Geplant ist für Februar eine Auskopplung aus dem Set zusammen mit neuen Songs.

Ich bin gespannt, was das Jahr 2021 so aus sich macht. Lassen wir es einfach auf uns zukommen!

AGJA @ Spotify

AGJA @ Soundcloud