10 Jahre Gobsmacked Records: Auf einen Whiskey mit Diarmaid O Meara

Das irische Technolabel Gobsmacked Records begann als Partynacht und ist mittlerweile eine ernstzunehmende Plattform für Underground-Techno in Berlin. Label-Chef, Produzent und DJ Diarmaid O Meara und seine Crew arbeiten regelmäßig mit internationalen Musikgrößen wie Ben Long, Robert Armani, Niereich und Space DJz zusammen. Grund genug, mit Diarmaid über die deutsche Techno-Landschaft, unterschätze Berliner Clubs und die musikalische Reise seines Labels zu sprechen. Wir trafen den Alleskönner auf einen Whiskey im Schlawinchen. Prost – oder wie die Iren sagen: Sláinte (gesprochen: slorn-tsche)!

Wie kam es zu Gobsmacked Records?

Gobsmacked hat als Clubnacht in der irischen Stadt Waterford begonnen. Heutzutage ist die Stadt immer noch durch lächerliche Sperrfristen charakterisiert. Die Clubs schließen um halb 3! Vor 10 Jahren haben wir dort illegale Partys in verschiedenen Venues, später Partyreihen in kleinen Clubs und Bars organisiert. Am Ende arbeiteten wir mit Künstlern wie DJ Rush, Robert Armani, Gaetano Parisio, Space DJz und Cj Bolland zusammen. Damit sorgten wir für eine kleine, aber feine elektronische Musikszene, die sich allerdings ständig gegen die starren Regeln widersetzen musste.

Welchen Hindernissen musstet ihr euch damals in Irland stellen?

2008 beschlossen die “Einflussreichen” der Waterford-Region, ein flächendeckendes Verbot für elektronische Musikveranstaltungen in der Stadt zu verhängen. Damit wurden legale Technopartys gedrosselt. Als Antwort darauf brachte ich das Album „Antisocial Behaviour“ heraus. Das hat damals für einen kleinen Aufruhr gesorgt. Gleichzeitig planten wir, ein freundliches Habitat für unseren Sound zu finden. Unsere damalige Crew begann intensiv mit Künstlern in ganz Europa zu arbeiten. Als Ergebnis veröffentlichten wir eine Reihe von 12”-Vinyls mit Musikgrößen wie Ben Long, Torsten Kanzler und Robert Armani sowie regelmäßige EPs in digitalen Formaten von Underground-Künstlern wie Vegim und Luke Creed.

Wann ging es nach Berlin?

Der Umzug nach Berlin im Sommer 2010 gab uns die Möglichkeit, unseren Sound in großen post-industriellen Räumen zu erkunden, ohne dabei von veralteten Sperrfristen, übereifrigen Polizisten oder teuren Preisen für Alkohol und Eintritt eingeschränkt zu werden. Nun sind wir schon seit acht Jahren fest in Berlin und werden hier ständig von vielen verschiedenen musikalischen Einflüssen inspiriert. Außerdem werde ich oft für verschiedene Partys im ganzen Bundesgebiet gebucht und habe schon viel von der deutschen Techno-Landschaft sehen können.

Wie schätzt du den deutschen Techno ein?

In Deutschland kann ich einige Kern-Sounds erkennen. Für mich ist der südliche Sound dunkel mit starken Industrial-Einflüssen, der Sound im Westen erinnert mich an Detroit-Techno, aber der Berliner Sound ist sehr schwer einzuordnen. In Berliner Clubs und Open Airs gibt es viele harmlose, federleichte und minimalistische Tech-House-Klänge. Überall braucht man einen universellen Sound und das scheint Berlins Version von Fahrstuhlmusik zu sein. Allerdings gibt es jede Woche mehr als genug heftige Techno-Nächte, bei denen die Tage fließend ineinander übergehen: Nacht, Tag, wieder Nacht. Zeit wird dabei völlig belanglos. Das habe ich so nie in einer anderen Stadt erlebt. Diese Einflüsse spiegeln sich in unserem Artwork wider, das meistens alte Fabrikgebäude zeigt, in denen wir gerne mal Partys organisieren würden.

Welche Geheimtipps hast du für Berliner Nachtschwärmer?

Vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich Grießmühle gesagt, weil ich dort seit der Eröffnung hingegangen bin, als es nur einen kleinen Schuppen als Tanzfläche gab, und die Entwicklung miterleben konnte. Mittlerweile ist Grießmühle natürlich kein Geheimtipp mehr, aber immer noch mein Favorit. Mensch Meier ist auf jeden Fall empfehlenswert. Jonny Knüppel ist cool und außerhalb der Berliner Szene noch weitestgehend unbekannt. Außerdem mag ich Kosmonaut, abhängig von der Clubnacht. Auf dem Floor Hotbox habe ich die besten Partys gespielt: Ein klarer Bass in einem winzigen dunklen Raum mit einem astreinen Soundsystem, das ich während der schnell mal zu 35 Grad ansteigenden Raumtemperaturen oft überansprucht habe. Eine lange, aber lustige Partynacht fängt bei mir mit Zum Böhmischen Dorf oder Crack Bellmer an, je nach Musik. Dann Grießmühle, Jonny Knüppel oder Mensch Meier, danach Berghain oder Golden Gate. Eigentlich gibt es in Berlin zu viele großartige Clubs!

10 Jahre Gobsmacked Records – nicht schlecht! Was steht jetzt bei euch an?

Wir haben eine Compilation zusammengestellt, um diesen Meilenstein gebührend zu feiern. Die Compilation besteht aus drei Volumes, die sich aus 60 zukunftsweisenden Track der vergangenen 10 Jahre unseres Bestehens und aus 14 neuen Originaltracks von unseren Lieblingskünstlern zusammensetzt. Volume 1 umfasst den irischen Sound und beschreibt unsere musikalischen Anfänge. Volume 2 ist von unserer Zeit in Berlin beeinflusst. Volume 3 ist unser “Future Sound” und gibt einen Ausblick, wohin unsere musikalische Reise geht. Geballter Gobsmacked Sound in 74 Tracks. Außerdem werde ich meine 14-tägig erscheinende Radioshow “Audio Affair Broadcast” weiter vorantreiben. Gobsmacked wird gemeinsam mit A&R-Manager Shane Flynn (Millhouse) weiterhin lokale und internationale Talente fördern, Partys in intimen Clubs kuratieren und hochwertigen Techno in Berlin produzieren. Haltet die Ohren offen! 🙂

Vielen Dank für das Interview!